Ich bekomme gerade die Chance, mich neu zu erforschen, auf einer anderen Ebene kennenzulernen, die mich mich selbst auf einer ganz tiefen Ebene neu verstehen lässt und mir sehr sehr wertvolle Erkenntnisse bringt. Nicht nur für mich, sondern auch in meinem Verständnis für Entwicklungstrauma.

Für mich ist das Leben wie eine Landkarte. Und mein Bewusstsein ist das Licht, dass auf diese Landkarte scheint und mir Bereiche erhellt, die ich dann gut sehen und erkennen kann. Aber die Landkarte ist verdammt groß und mein Bereich des Bewussten verhältnismäßig klein. So wie die Sache mit dem riesigen Eisberg und der kleinen Spitze, die wir davon von außen sehen können.

Den Bereich des Lichtkegels zu erweitern hat etwas damit zu tun, die eigene lifebeginsKomfortzone zu verlassen.

Und auch mit tiefen Prozessen und damit, zu fühlen, was da ist. Auch abgrundtiefen Schmerz. Und es bedeutet auch loslassen. Denn etwas muss in mir sterben, damit ich den nächsten Schritt gehen kann. Und dieses sterben und loslassen einer bestimmten Identität (wir identifizieren uns unablässig mit Dingen und Fähigkeiten) ist beängstigend.

 Wer bin ich dann noch, wenn ich das nicht mehr bin? Oder das nicht mehr kann? Oder mir eingestehen muss nichts zu wissen?

 Mir geht es in diesem Jahr immer wieder so, dass Bereiche, von denen ich dachte ich kenn mich da aus, oder ich weiß wie das geht, oder ich bin da total gut drin (und das kam alles aus fester Überzeugung aus dem Herzen!), mir plötzlich ihre Grenzen aufgezeigt haben und ich dahinter gesehen habe, dass dem nur sehr bedingt so ist.

Dass sich hinter der Grenze noch so viel mehr Gebiete auf der Landkarte erstrecken, die ich im Dunkeln einfach nicht hab sehen können. Soviel unbekanntes Terrain, das noch erkundet werden will. Da will soviel noch ent-deckt und gesehen und erfahren und gelernt werden, dass ich doch immer nur demütige Schülerin bleiben werde in dem Spiel des Lebens – bis zum Ende. Und auch, wenn ich mein ganzes Leben lang nichts anderes mache, als das Licht auf unbekannte Fleckchen meines Universums zu richten und zu forschen, so werde ich in einem Leben nie alles entdecken und erfassen und erleben können.

Und da kommt mir die Frage: Wieso halten wir dann so stur an unseren Identitäten fest und bleiben bei dem stehen, was wir glauben zu wissen, zu sein oder zu können, wenn das doch immer nur ein Bruchteil dessen ist, was sein kann und "nur" dem jeweiligen Augenblick entspricht??? Ich glaube die Antwort ist auch hier: Angst.

Vor einigen Monaten hatte ich beim tanzen einen Moment, in dem sich mein Herzensraum gezeigt hat. Da gab es eine „Ecke“, in der war es dunkel und unbewohnt. Ein verlassener Bereich, in dem keine Wärme war und kein Licht hineinschein.

Und ich habe ganz tief innendrin in mir verstanden, dass mein (bis dahin unbewusstes) Muster als Reaktion darauf ist, dass ich versuche dadurch, dass ich Jemand anderes sehr liebe, diesen verlassenen Bereich zu füllen. Oder besser: füllen zu lassen, durch die Liebe, die ich zurückbekomme, wenn ich mich nur genug anstrenge.Tür.jpeg

In den letzten Jahren habe ich immer mehr gelernt mich selbst zu lieben und kann mit ganzen Herzen sagen, dass ich mich liebe (ein Bereich, von dem ich geglaubt habe, ich sei da „gut drin“.)

Dann ging diese Tür auf zu dem dunklen, leeren, unbewohnten Terrain, und ich habe begriffen, dass meine Selbstliebe noch nicht so groß ist, dass sie diesen (bis lang unbewusst gemiedenen) dunklen Bereich in mir miteinschließt.

Ich weiß, dass nur ich, durch Mitgefühl, Wärme und Liebe die ich mir selbst gebe, diesen Bereich mit Licht und Liebe füllen kann.

Seit dem bin ich auf dem Weg diesen  dunklen Ort zu erkunden und etwas Licht hineinzubringen.
Und ich weiß, warum dieser Ort solange im Dunkeln lag.

Was mir dort begegnet ist so schwieriges Terrain, dass es gut ist, viel Erfahrung und Containment zu sammeln, bevor ich mich dahin wage.

Sprich, ich glaube ich hatte bisher gar nicht die Ressourcen, um mich dem zu widmen, weil es mich schier zersprengt hätte. Und das hat sich glücklicherweise besonders in diesem Jahr sehr verändert.

Denn dieser Ort in mir ist nicht leer. Darin wohnt etwas. Und das, was dieses Wesen in sich trägt vermag mein Nervensystem binnen Sekunden in Brand setzen. Wenn ich damit in Kontakt komme, fühle ich augenblicklich seine panische existenzielle Angst, seine unglaubliche Wut, die alles in Stücke reißen will, seinen abgrundtiefen Schmerz und sein verloren sein, dass ich es einfach nicht (lang) dort aushalten kann.

Am Anfang wollte ich immer sofort dort weg, wenn ich diesen Raum betreten habe. Und das ist ein ganz natürlicher Impuls! Natürlich möchte man sich in Sicherheit bringen, wenn man sich in Gefahr fühlt oder angegriffen oder in Stücke gerissen wird!

Aber irgendwann habe ich verstanden, dass das Wesen, dem ich dort begegne nichts anderes ist als ich selbst. Dass der Raum, den ich betrete, nichts anderes ist als die Welt des Kindes, das ich einmal war und dass all das, was ich in seinem Kontakt fühle, nichts anderes ist, als das, was ich gefühlt habe, als ich klein war.

Und dass all die Verzweiflung und Panik, Desorientierung, Wut und der Schmerz innerchild.jpgecht sind und dass jedesmal, wenn ich damit in Kontakt komme und die Tür zu schlage, ich dieses Kind damit wieder alleine lasse.

Irgendwann habe ich begriffen, dass dieses Kind auch sein darf. Denn wie soll es sonst jemals Heilung finden, wenn es garnicht erst da sein darf ???

Und dass ich dafür zumindest immer wieder kurz mit dem Kind in seiner Welt und allem, was dazu gehört, bleiben "muss", damit es da sein kann. Damit es endlich einmal die Erlaubnis und den Raum bekommt, da zu sein. Mit all seinem "zuviel" an allem.

Und als ich gelernt habe zu unterscheiden, dass all diese Gefühle die dann kommen, meine alten Gefühle von damals sind, und dieses Kind mir meine Vergangenheit erlebbar zeigt, konnte ich ihm Stück für Stück begegnen. Nie für lange Zeit, weil das anfangs nicht auszuhalten war. Aber immer ein Stückchen mehr und immer ein Stückchen länger.

Und bei jedem einzelnen Besuch, wird das Dynamit, dass mein Nervensystem zersprengt etwas weniger und die existenzielle Bedrohung auch.

Ich bin sehr dankbar für all die Begleitung, die ich während dieser Zeit erfahren habe und noch erfahre. Alleine hätte ich das so nicht geschafft.

Ich spüre tief in mir das Bedürfnis diesen Bereich in meinem Herzen bewohnbar zu machen. Eine Kerze hineinzustellen, mit dem Besen mal gründlich durchzufegen. Die alten Spinnenweben zu entfernen. Ihm Leben einhauchen und Farben und Licht und Wärme.

Ich habe das tiefe Bedürfnis dort einziehen, zusammen mit der kleinen, die bislang ganz alleine und ungeliebt dort gelebt hat. Und dann wieder von neuem zu sagen „Ich liebe mich“, jedesmal ein Stückchen mehr. In dem Wissen, dass es immer ein Weg bleiben wird. Mit immer neuen Bereichen zu erkunden, denn die Landkarte ist sooooo groß……